Geduld ist alles, auch in Zeiten der Corona-Krise. Gedanken von Franziskanerpater Johannes B. Freyer ofm

Geduld ist alles, auch in Zeiten der Corona-Krise. Gedanken von Franziskanerpater Johannes B. Freyer ofm

„Geduld ist alles“ schreibt der Lyriker Rainer Maria Rilke an einen jungen Dichter, der in einer Krise steckte, und den ich hier zitieren möchte:

„Sie müssen geduldig sein wie ein Kranker und zuversichtlich wie ein Genesender; denn vielleicht sind Sie beides ...
Sie möchten Geduld genug in sich finden, zu ertragen, und Einfalt genug, zu glauben; Sie möchten mehr und mehr Vertrauen gewinnen zu dem, was schwer ist, und zu Ihrer Einsamkeit unter den anderen. Und im Übrigen lassen Sie sich das Leben geschehen. Glauben Sie mir: das Leben hat recht, auf alle Fälle ...

Da gibt es kein Messen mit der Zeit ... nicht rechnen und zählen; reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht ohne die Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch. Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos still und weit.“
(Brief an einen jungen Dichter, 1903)

Geduld ist jetzt auch von uns allen gefragt und das meint nicht nur passives Aushalten, Ertragen und voller Angst abwarten. Dann liegen die Nerven bald blank. Geduld ist ebenso die aktive Kraft der Ausdauer und der Zuversicht in einer schwierigen Zeit, deren Ende noch nicht absehbar ist.

Im Bündnis mit Vertrauen und Glauben ist die Geduld jene Grundhaltung, die Zutrauen in das Leben hat. Wer Geduld hat, fühlt sich den Krisen nicht einfach ausgeliefert, vielmehr stellt sich der Geduldige den Herausforderungen des Schweren und den Stürmen, darum wissend, dass Krisen auch die Chancen bieten zu lernen und zu reifen.
Geduld hat den Lichtschimmer am Ende des dunklen Tunnels im Blick und weiß, dass auf jede Nacht ein Tag folgen wird.

Gewiss, sie zaubert die Angst nicht einfach hinweg, jedoch bewahrt sie vor depressiver Lähmung und unnötiger Panik. Sie ist die Kraft für die notwendigen, vielleicht auch schmerzlichen Schritte, um auf den kommenden Sommer zuzugehen.

Natürlich hat die Geduld, die wir jetzt brauchen, ihren Preis: die Disziplin notwendige Einschränkungen einzuhalten und Solidarität mit den Risikogruppen und Kranken, nicht nur in unserem Land, zu zeigen. Mit solcher Geduld werden wir nicht nur diese Krise überwinden, sondern hoffentlich auch mit gereifter Menschlichkeit, einem Zuwachs an Wissen und neuen Fähigkeiten eine für alle lebenswerte Zukunft gestalten.

Ihr
Pater Johannes B. Freyer ofm

P. Prof. Johannes B. Freyer OFM

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